Sentiero degli dei – Der Pfad der Götter

Bescheidenheit: wo fängt sie an und an wann wird sie unglaubwürdig. Ich habe mir sehr lange den Kopf zerbrochen, wie ich diesen Artikel beginne. Immerhin ist diese Wanderung schon fast eine Woche her und bisher war ich einfach nicht in der Lage, die richtigen Worte zu finden. Aber sich ständig hinter etwas zu verstecken und nicht für das einzustehen,was man ist, ist auch keine Lösung.

Es begann damit, dass Liliana, unsere Vermieterin, mir in die Augen schaute und sagte: „Gianni, was machst Du heute? Warum gehst Du nicht den Weg der Götter?“ Und auf einmal fielen mir die Kuchenkrümel aus den Mundwinkeln und das Cornetto aus der Hand, denn ich wusste jetzt, wozu ich geboren wurde! All die Jahre des Zweifelns an der eigenen Bedeutung endeten mit dieser Frage. Und ja, ich werde den Weg der Götter gehen. Irgendjemand muss ja ihre Fußstapfen ausfüllen, in Zeiten wie diesen.

Und so begab es sich, dass ich begleitet von Frau und Kind, mein Päckchen schnürte und den beschwerlichen Weg auf mich nahm. Aufgrund der geringen Zeit war es uns nicht möglich, noch ein Muli für den Weg zu bekommen, so dass ich diese Aufgabe auch noch übernahm. Mit Bravour, möchte ich hinzufügen.

Also, Jeanette auf den Schultern und Flora an der Hand, nein andersherum, also Flora auf den Schultern und Jeanette im Nacken zog ich los, um das Ziel, Positano, zu erreichen. Die Kamera immer im Anschlag fotografierte ich Berge und Täler und das ganze auch noch andersherum:

Berge

Täler

Dann noch ein paar Felsen:

Felsen

Na gut, das könnte jetzt endlos weitergehen, bringt uns aber nicht zum Kern der Geschichte. Also, wir drei zogen durch die karge Wildnis der Monti Lattari. Nur einen Lederbeutel voll Wasser und ein paar Brotkrumen als Verpflegung für die Reise hatten wir dabei. Wann wir ankommen und ob wir überhaupt ankommen, war nicht unsere Sorge.

Die Götter vor uns, die diesen Weg beschritten, bzw. ihn in den blanken Fels prägten, hinterließen hier und da ihre Spuren. Einige wurden sogar für eine gewisse Zeit sesshaft, verließen den Ort aber, um sich neue Herausforderungen zu suchen.

Spuren

Wir hatten noch nicht begriffen, was das eigentliche Ziel unserer gefährlichen Reise war. Unermüdlich und unerschrocken stemmten wir uns gegen alle sich bietenden Gefahren und trotzten Wind, Wetter, sowie steilen Abhängen und schier unendlich tiefen Schluchten. Angst war uns fremd, genau wie das Terrain, aber was macht denn sonst ein Abenteuer aus? Vor lauter Aufregung schlief Flora ein. Na gut, dann erzählen wir ihr halt später, von unseren großartigen Taten.

Jeder Schritt führte uns weiter weg von der Zivilisation, aber anstatt zu wachsen, verließen uns die letzten Zweifel, als wir des göttlichen Anblicks gewahr wurden:

Blick

Das ist es also, was uns auf eine Stufe mit diesen antiken Göttern stellt: dieser unglaubliche Ausblick! Die ganze Welt lag uns zu Füßen und dem Himmel kamen wir so nah. Unsere Bedeutung als Mensch verliert sich im Vergleich zur Schönheit der Natur. Und so kamen wir zum Ziel unserer Reise und zu einer Erkenntnis, die wir so auch in jedem Selbstfindungskurs für weniger bekommen hätten.

Am Ende des Weges kamen wir an den Kiosk der Götter, oder besser an der Kiosk des Pfades der Götter:

Kiosk

Flora bekam eine Orange geschenkt, Jeanette nahm einen Cappuccino und ich einmal Absolution. Und wo ein Weg endet beginnt einer neuer. Mehr als 1000 Stufen trennten uns noch vom Meer, da sich Positano dann doch über eine gewissen Höhe erstreckte. Aber frisch gestärkt, wie wir waren, war das auch nur noch ein Klacks für uns.

Unten angekommen trugen wir uns umgehend auf eine Liste mit Leuten ein, die Kniespender suchen. Hoffentlich finden wir bald jemanden. Was wir fanden war aber ein Fähre, die uns das schenkte, was uns am Tag zuvor verwährt blieb: einen Blick auf die Amalfiküste!

Küste Amalfi

Wir fuhren also für eine halbe Stunde über das Meer und erreichten schließlich Amalfi, bekannt für seine umfangreichen Amalfganvorkommen. Einmal die Kirche fotografiert und überteuert gespeist und dann den Bus zurück nach Agerola genommen.

Kirche Amalfi

Hier muss ich mal meinen Riesenrespekt vor den lokalen Busfahrern ausdrücken. Mit welcher Kunst diese ihre Busse über die kleinen, wendigen Bergstraßen steuern, beeindruckt nachhaltig. Und dabei fahren sie genauso schnell wie die kleineren Autos und Mofas. Na gut, stehen und in die Abgründe blicken sollte man im Bus nicht. Im Sitzen ist es aber gut zu ertragen.

Und so kam es, dass wir im Innersten gestärkt unsere Prüfung ablegten und uns nun neuen Aufgaben stellen werden. Wie zum Beispiel den Muskelkater, der unsere Waden die nächsten Tage piesacken sollte.

 

3 Kommentare zu “Sentiero degli dei – Der Pfad der Götter

  1. Ich möchte auch das trinken oder essen was ihr da bekommt: „… Amalfganvorkommen…“. Hab mal wieder keine Luft bekommen vor Lachen beim Lesen! Sehr schöne Reiseberichte gebt ihr uns hier. Man möchte dabei sein!

    • Ja, damals hatte die Region noch einen Außenhandelsüberschuss, was sich leider nach den üblen Gerüchten über die Schädlichkeit und so mittlerweile erledigt hat. 😉 Wahrscheinlich alles die Höhensonne …

  2. Ich hoffe du hast meine Glückwünsche zum Geburtstag bekommen? Da ich nicht telefonisch nerven wolle nutzte ich Skype. Da steht du / ihr wäret online…

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